Familie

Zeit für sich – 7 Tipps für Me Time im Familienalltag

Martyna Wiśniewska-Michalaks Corona-Adaption der Raupe Nimmersatt beschreibt auf wunderbar treffliche Weise die Situation von Eltern im Corona-Lockdown. Die polnische Grafikerin hat mit der Bildsprache des uns allen bekannten Kinderbuches und kurzen Texten das ermüdende Lockdown-Familienleben beschrieben. Die über soziale Medien verbreitete Parodie mit dem Titel »Die unglaublich müde Raupe Mama hat Corona satt« (noch trefflicher ist der Originaltitel: »F*cking Tired Lockdown Mommy«) ging inzwischen um die ganze Welt, nicht zuletzt deshalb, weil sie vielen Eltern aus der Seele spricht.

Geht es dir auch so? Bist du eine verdammt müde Lockdown-Mama oder ein verdammt müder Lockdown-Papa?

Im Lockdown fallen durch die zahlreichen Beschränkungen viele Strukturen des Familienalltags weg. Gleichzeitig kommen neue Aufgaben wie Homeschooling, ganztägige Kinderbetreuung, Vereinbarkeit mit Arbeit (im Homeoffice) dazu. Das erste, was diesem Ausnahmezustand meist zum Opfer fällt, ist die eigene Zeit, die Zeit für uns selbst, die Me Time. Doch warum? Warum scheint uns genau das am entbehrlichsten, was wir für uns, für unsere körperliche und mentale Leistungsfähigkeit am meisten brauchen? Wir verzichten ausgerechnet auf das, was uns die großartigen Väter und Mütter sein lässt, die diese Situation meistern!

Unsere 7 Tipps für Me Time im Lockdown-Familienalltag sollen allen müden Lockdown-Papas und Lockdown-Mamas Mut machen, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Allen, die sich ratlos fragen, wie sie auch das noch schaffen sollen, wollen wir damit einen möglichen Weg zur selbstbestimmten Zeit aufzeigen.

1. Eigene Einstellung / Haltung – Will die Me Time

Das klingt überflüssig – wollen wir doch unbedingt mehr Zeit für uns selbst – und geradezu herausfordernd bis vorwurfsvoll, als wolle man es halt nicht genug bzw. eben nicht anders. Doch das ist damit nicht gemeint. Gewichtiger als der Wunsch nach selbstbestimmter Zeit ist die Überzeugung, dass man auch als Papa oder Mama ein Anrecht auf Zeit für sich selbst hat. Ein Teil der 24 Stunden eines Tages muss einen selbst gehören. Es klingt banal und ist doch so entscheidend als erster Schritt zur Me Time. Die eigene Überzeugung überzeugt auch andere. Die eigene Sicherheit, etwas notwendiges zu wollen, vermittelt anderen, wie selbstverständlich dieses Bedürfnis und die damit einhergehende Forderung ist.

Die eigene Haltung ist nicht nur in der Planung und Organisation von Me Time notwendig, sondern auch im Alltag, in der Situation. Es ist gar nicht so leicht, sich aus einer Situation raus zunehmen, eine Pause zu machen oder sich eine Auszeit zu nehmen. Anders als vielleicht im Arbeitsalltag kann man nicht ein Papier zur Seite legen oder ein Programm schließen, um später genau an der Stelle wieder weiterzumachen. Im Familienalltag befindet man sich im Multitasking-Modus, macht zwei, drei Dinge parallel und geht im Kopf schon die nächsten zu erledigen-Sachen durch. Wenn nicht das Eine, dann hindern einen zwei andere »laufende Prozesse« auf die Pausetaste zu drücken. »Ich muss das erst noch fertig machen!« »Ich kann jetzt nicht weg!« »Wenn ich jetzt geh, dann …!« halten einen weiter im Familien-Hamsterrad.

Die eigene Haltung und Überzeugung hilft dir, die erforderliche Entschlossenheit für einen Break aufzubringen. Nicht alles muss erledigt sein, wenn Papa oder Mama sich Zeit für sich nimmt. Und allen Perfektionisten und ungeduldig nörgelnden Kids sei gesagt: danach geht es ja wieder weiter. Aber eben nicht jetzt. Jetzt ist Papa / Mama dran!

2. Verbindlichkeit – Lege feste Zeiten für deine Me Time fest

Besonders im Familienalltag ist es schwer, sich spontan Zeit freizuschaufeln. »Wenn ich Zeit finde, mache ich …« Doch dann findet sich keine Gelegenheit, keine Zeit und das Vorhaben verebbt im Alltag zwischen Arbeit, Homeschooling, Kinderbetreuung und Haushalt. Plane daher feste Termine für deine Me Time. Lege dabei auch fest, für welche Aktivitäten du deine Zeit nutzen möchtest. Mache Dinge, die dir gut tun – ob es nun Sachen sind, die dir wichtig sind, wie z.B. ein Hobby, oder ganz profane Sachen, wie in Ruhe ein Bad zu nehmen.

Plane diese Zeiten fest und unverschiebbar. Feste Zeiten schaffen Verbindlichkeit – für dich selbst und auch für alle andere. Gerade wenn dir das Los- oder Liegenlassen schwer fällt oder du dich vielleicht sogar noch mit deinem inneren Schweinehund anlegen musst, ehe du in deine Laufschuhe schlüpfen oder die Gymnastikmatte ausrollen kannst, hilft dir die Verbindlichkeit bei der Umsetzung. Geplante Me Time ist für alle vorhersehbar und findet so auch schneller Akzeptanz als spontan freigeschaufelte Zeit.

3. Strukturen – Belebe alte Strukturen und / oder schaffe neue

Um Verbindlichkeit zu schaffen braucht es feste Zeiten. Leichter als die Schaffung neuer Strukturen ist die Wiederbelebung bereits bekannter Strukturen. Sicherlich hattest du bisher – wenn die Kids in der Schule bzw. Kita waren, oder dein Partner / deine Partnerin das Betreuungsmanagement übernommen hat – feste Zeiten für dich, um beispielsweise am Dienstagvormittag Yoga zu machen oder am Donnerstagabend ins Fitnesstraining zu gehen. Nun im Lockdown fehlt dir die Möglichkeit dazu. Aber wie wäre es, diese Termine beizubehalten. Wenn nicht der geleitete Yogakurs, dann wirf dich mit einer Yogaanleitung per Zoom oder einem selbstgewählten Youtube-Video auf die Matte. Wenn nicht das Workout im Fitnessstudio, dann trainiere in Eigenregie im Keller oder zieh dir Laufschuhe an und renne ein paar Runden um den Block.
Vielleicht gelingt es dir auch nicht bekannte Strukturen 1:1 beizubehalten. Dann verändere sie so weit, wie es die Situation erfordert. Wenn nicht der Dienstagvormittag, dann vielleicht der Dienstagabend. Willst du neue Strukturen schaffen, dann überlege dir, wo du deine Me Time am einfachsten platzieren kannst. Wann brauchen die Kids dich weniger? Wann können sie sich gut alleine beschäftigen? Oder wann kann dein Partner / deine Partnerin für sie da sein?

4. Ruhe und Ungestörtheit – Vermeide mögliche Störungen

Deine Me Time gehört dir alleine. Versuche daher mögliche Störungen bereits im Vorfeld auszuschließen. Bitte darum, während dieser Zeit nicht gestört zu werden. Reduziere die Möglichkeit, dass du unterbrochen wirst, indem du dich z.B. in ein separates Zimmer zurückziehst oder das Haus verlässt. Willst du einen Spaziergang machen, suche dir eine wenig frequentierte Strecke aus, wo du ganz für dich sein und deine Gedanken schweifen lassen kannst. Mach am Besten auch dein Handy aus, so dass du während dieser Zeit nicht angerufen werden kannst.

5. Pausen – Mach immer wieder kleine Pausen

Die eigene Ermüdung und Erschöpfung kommt schleichend, jedoch merkt man sie erst, wenn es zu spät ist. Immer wieder über den Tag verteilte kleine Pausen zu machen, hilft dir leistungsfähig zu bleiben. Was nützt das geplante Zoom-Training am Abend und die ganze Orga drum herum, wenn du bis dahin fix und alle bist?

Nimm dir daher öfters mal Zeit für eine kleine Pause. 10 Minuten in denen dein Papa- oder Mama-Radar nicht permanent die Situation scannt, um sofort zu merken, wann dein Einsatz gefragt ist. Mach diese Pause daher nicht nebenbei, indem du versuchst, während die Kids spielen, in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken. Kündige deine Pause an, teile mit, wann du wieder zur Verfügung stehst und begib dich aus der Situation. Acht bzw. bestehe darauf, dass du währenddessen nicht gestört wirst. In den meisten Fällen geht die Welt nicht binnen 10 Minuten unter!

6. Achtsamkeit und Selbstfürsorge – Nimm dich im Hier und Jetzt wahr

Tu dir selbst nicht nur in der Me Time und in den kleinen Pausen gutes, sondern acht auch im Hier und Jetzt auf dich. Nimm wahr, wie es dir gerade geht. Bei sich zu sein, lässt dich deine eigenen Bedürfnisse spüren. Ordne sie nicht der Situation unter, sondern achte darauf, dass du genügend Schlaf bekommst, regelmäßig und ausgewogen isst, ausreichend trinkst und da kleine Verschnaufpausen machst, wo du sie brauchst.

7. Kommunikation – Rede mit deiner Familie darüber

Damit deine Familie deine Situation und Bedürfnisse erkennen, nachvollziehen und deine Ideen mittragen kann, braucht es Kommunikation. Zu glauben, die Situation schon irgendwie aushalten und die Aufgaben nun halt schultern zu können , strengt doppelt an. Die Annahme, der eigenen Familie vermitteln zu können, dass man – trotz zunehmender Erschöpfung alles bewältigt – ist ein ebenso großer Trugschluss, wie die Erwartungshaltung, dass besagte Erschöpfung erkannt und mit Unterstützungsangeboten quittiert wird. Meist ist das der Weg zu gegenseitigen Vorhaltungen wie »Immer lässt du mich alles machen!« »Warum hast du nicht …?« Sprich mit deinem Partner / deiner Partnerin über deine Bedürfnisse. Benenne klar deine Wünsche und fordere sie ein, wie auch seine / ihre Bedürfnisse Berücksichtigung finden sollen – gleiches Recht für alle!

Beschreibe auch deinen Kindern dein Befinden. Erkläre ihnen z.B. warum du heute nicht für jeden Spaß zu haben bist, sondern voll und ganz damit beschäftigt bist, den Geduldsfaden festzuhalten. Die mögliche Erklärung, dass du beispielsweise wenig geschlafen hast, hilft Kindern die Gründe nicht bei sich und dem eigenen Verhalten zu suchen. Sie können dann das Verhalten von Papa oder Mama besser einordnen, ja vielleicht sogar nachvollziehen – kennt es doch den Zustand des müde Seins. Auch das Bedürfnis, Zeit für sich zu haben, ist Kindern bekannt. Etwas alleine machen zu wollen bedeutet nicht, mit anderen nichts machen zu wollen, sondern dies nur jetzt nicht zu wollen, danach schon wieder.

Welche der genannten Tipps war für dich entscheidend, um Me Time zum Bestandteil eures Familienlebens machen zu können? Hast du vielleicht noch Tipps, die hier ungenannt geblieben sind? Schreib es gerne in die Kommentare.

Deine

Socialitas

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